Die neue Unternehmergesellschaft (UG)
Mit der letzten Novelle des Rechts der GmbH (MoMiG) hat der Gesetzgeber dem deutschen Gesellschaftsrecht eine weitere Spielart hinzugefügt: Die Unternehmergesellschaft (haftungsbeschränkt).
Gründe für die Änderung:
Die Gründung einer haftungsbeschränkten Kapitalgesellschaft (in der Regel einer GmbH) ist bislang für den Gründer mit einer Einlageverpflichtung in Höhe von 12.500,- € und Kosten bei Notar und Registergericht verbunden. Insbesondere das in den letzten Jahren zeitweise zu beobachtende Aufkommen von sog. „Limiteds“, Gesellschaften englischen Rechts, die ohne Stammkapital gegründet werden können, gab zu befürchtungen Anlaß, das deutsche Gesellschaftsrecht könnte durch solche Entwicklungen ausgehöhlt werden. Die Einführung der UG wurde darum insbesondere als positives Zeichen an Gründer von Kleinstgesellschaften verstanden.
Wie funktioniert die Unternehmergesellschaft?
Im Rechtssinne ist die UG nur eine Variante der altbekannten Gesellschaft mit beschränkter Haftung (GmbH), für die der Gesetzgeber in § 5a GmbHG einige Sonderregeln aufgestellt hat, z.B.:
- Sie kann ohne Mindeststammkapital gegründet werden, kann also bereits mit einem Kapital von 1,- € in das Handelsregister eingetragen werden.
- Sie muss in ihrer Firma den Rechtsformzusatz „Unternehmergesellschaft (haftungsbeschränkt)“ oder „UG (haftungsbeschränkt)“ führen.
- Sie muss in ihrer Bilanz nach bestimmten Regeln Rücklagen bilden. Damit soll sichergestellt werden, dass die UG bei wirtschaftlichem Erfolg nach einiger Zeit ausreichendes Stammkapital bildet um zu einer „normalen“ GmbH aufzusteigen.
Die UG kann zu notarieller Urkunde oder im vereinfachten kostengünstigen Verfahren (Musterprotokoll gem. § 2 Abs. 1a GmbHG, vgl. dazu unten) gegründet werden. Sie muss dann – wie jede andere Kapitalgesellschaft – im Handelsregister eingetragen werden. Im Übrigen unterliegt sie im Wesentlichen den gleichen Bestimmungen wie die GmbH selbst.
Ein echter Fortschritt?
Bei genauerer Betrachtung bleibt hinter der Unternehmergesellschaft eine Reihe von Fragezeichen.
Wie weit ist es wirklich her mit der Befreiung von der persönlichen Haftung?
Jeder Unternehmer weiß, dass Kredit – gleich ob in Form eines Bankdarlehens oder in Form von Warenlieferungen oder Dienstleistungen – in der Regel nur gegen Stellung einer Sicherheit gewährt wird. Dabei kümmert es den Kreditgeber wenig, in welcher Rechtsform das Unternehmen betrieben wird – ihm kommt es auf das dahinter stehende Kapital an. Eine Gesellschaft, die mit einem Euro Stammkapital gegründet wird, ist darum – für sich betrachtet – schlichtweg nicht kreditwürdig. Das gilt in ähnlicher Form genauso für die mit 12.500,- Euro ausgestattete GmbH, wenn die Kreditsumme über diesem Betrag liegt.
Also wird der Kreditgeber in aller Regel fordern, dass sich auch der Unternehmer selbst der pesönlichen Haftung unterwirft, so dass die gewünschte Haftungsbeschränkung gar nicht eingreifen kann. Es verbleibt nur noch ein Restbereich, in dem der Unternehmer möglicherweise gegen die Haftung aus unerlaubten Handlungen abgeschirmt ist. Aber auch dieser Schutz ist löchrig, da hierbei oft auf das Verschulden des Handelnden abgestellt wird und damit wiederum dessen persönliche Haftung in Betracht kommt.
Ist die „Limited“ geeignet für den deutschen Kleinunternehmer?
In der Rechtspraxis ist bereits seit längerer Zeit ersichtlich, dass die Neugründungen von „Limiteds“ in Deutschland mehr und mehr zurückgehen. Dies ist auf verschiedene Umstände zurückzuführen, einer davon ist aber sicherlich, dass gerade der Kleinunternehmer sich schwer tut, die rechtlichen und organisatorischen Vorgaben einer englischen Gesellschaft im täglichen Geschäftsleben umzusetzen. Den meisten sind die entsprechenden Pflichten gar nicht bekannt, so dass sie wegen Nichtbeachtung bereits kurz nach der Gründung Gefahr laufen, aus dem englischen Handelsregister gestrichen zu werden, womit die Haftungsbeschränkung wieder hinfällig ist. Auch merken die meisten Gründer erst später, dass die „billige“ Limited durch die laufenden Rechtsberatungs- und Übersetzungskosten so preiswert gar nicht ist.
So überrascht es kaum, dass eine große Zahl von „Limiteds“ nach kurzer Zeit wieder sang- und klanglos aus dem Geschäftsleben verschwinden.
Anzug von der Stange oder doch eher Schnürkorsett?
Um im Hinblick auf die Notargebühren eine echte Kosteneinsparung zu erreichen, muss die Gründung im Wege des vom Gesetzgeber vorgegebenen „Gründungsprotokolls“ vonstatten gehen. Davon gibt es eines für die Ein-Mann-Gründung und ein weiteres für eine Mehrpersonengesellschaft mit höchstens drei Gesellschaftern. Dieses Protokoll enthält die Formalien der Gründung und die Regelungen für das Innenrecht der Gesellschaft, die ansonsten meist in einem separaten Gesellschaftsvertrag niedergelegt sind. Änderungen am Text des Protokolls sind nur in geringem Umfang zulässig, es handelt sich fast um ein Formular, in das nur noch die Daten eingefügt werden können.
Die ersten Erfahrungen im Umgang mit der UG belegen bereits, dass das Protokoll jedenfalls für die Gründung einer Mehrpersonengesellschaft nicht geeignet ist. Es bietet zu wenig Flexibilität für die Umsetzung konkreter Bedürfnisse der Gesellschafter – so ist beispielsweise nur die Bestellung eines Geschäftsführers möglich. Darüber hinaus enthält es massive Regelungslücken im Hinblick auf die Veräußerung von Geschäftsanteilen, das Ausscheiden von Gesellschaftern und deren Abfindung sowie Nachfolgeregelungen im Sterbefall.
Für die Einpersonengesellschaft funktioniert die UG, soweit sie wirklich mit der dauerhaften Perspektive der Führung durch den Gründer initiiert wird. Will man später einen weiteren Partner aufnehmen oder auch nur einen weiteren Geschäftsführer bestellen, ist dies nicht im Rahmen des Gründungsprotokolls möglich.
Das „Korsett“ wird die meisten Unternehmer auf Dauer erheblich drücken.
Ist die UG die richtige Rechtsform für sie?
Nach den vorausgehenden Ausführungen ist dies tatsächlich eine berechtigte Frage. Für den Einzelunternehmer ist die UG eine Alternative, wenn es um Gründungen im Kleingewerbebereich geht und die Haftungsbeschränkung – auch wenn sie keinen vollständigen Schutz bietet – ein wichtiges Moment ist. Er sollte sich jedoch bewußt sein, dass der Rechtsverkehr die Rechtsform in die Gesamtbewertung eines Unternehmens einbezieht. Genau wie die „Limited“ startet auch die UG mit dem Manko, dass die Kostenersparnis dem Partner umgekehrt signalisiert, dass der Gründer offensichtlich nur über sehr geringe Mittel verfügt oder jedenfalls kein allzu großes Vertrauen in seine Unternehmung hat, da er sie nur mit so wenig Kapital ausstattet. Hier ist das Ansehen der GmbH traditionellerweise besser.
Will man eine Gesellschaft mit mehreren Personen gründen, ist von der UG – jedenfalls in ihrer Ausprägung der Musterprotokoll-Gründung – deutlich abzuraten. Die überschaubaren Kostenersparnisse bei der Gründung werden in naher Zukunft durch absehbar notwendige Umstrukturierungen für eine professionellen Betrieb aufgefressen und in der Praxis werdne die mit dem Protokoll verbundenen Beschränkungen für vermeidbaren Ärger sorgen.